Eine kleine Geschichte
Das hier ist eine kleine Geschichte, die mir seit heute morgen so hartnäckig im Kopf herumgeht, dass sie einfach aufgeschrieben werden muss :-).
Der König ist tot
Ich diene seinem Schrein seit tausend Tagen und Nächten. Als er noch lebte, errichtete er diesen wunderbaren Garten voller Ruhe und Duft, ich dem ich zu Hause bin, und nach seinem Tod wollte ich ihn nicht verlassen – etwas so Großes und Reines wie meinen goldenen Löwen darf ich nicht verlassen, sein Vermächtnis soll ewig leben.
So weine ich seit tausend Tagen und Nächten an seinem Grabmal, seinem Tempel, und schmücke ihn mit Blumen aus seinem Garten.
Nach und nach verliere ich mein Federkleid und mit ihm die Fähigkeit zu träumen und zu fliegen. Hier ist es warm, und keine Sonne verbrennt meine Haut, ich brauche es nicht. Wozu sollte ich träumen? Alles, was ich mir je erträumt hatte, liegt hier begraben. Warum sollte ich fliegen? Ich habe kein anderes zu Hause als seinen Garten. Mein Leben ist klein und sicher, es hat einen Sinn, denn ich bewahre sein Paradies.
Es kommen auch hin und wieder Besucher in seinen Garten, um die Schönheit zu bewundern, aber niemand will bleiben, er macht ihnen Angst. Ich lassen sie ziehen, manchmal schweren, oft leichten Herzens, denn hier ist mein zu Hause.
Eines Tages kommt eine Besucherin, die anders ist als die Anderen, denn sie ist eine Schlange. Ihr grelles Schuppenkleid beleidigt das sanfte Zwielicht seines Gartens, und sie beunruhigt mich.
„Es ist Zeit.“ Sagt sie zu mir, und ihre Augen funkeln hell.
„Was willst Du hier?“ frage ich.
„Du musst gehen, darum bin ich hier.“ summt sie.
„Nein, das kann ich nicht, ich habe hier mein zu Hause, und ich habe zu tun!“ rufe ich.
„Du wirst sterben, es ist an der Zeit.“
Sie schnellt nach vorne und ihre Zähne versenken sich in meinem Fleisch. Feuer verbrennt mich, das Zwielicht erlischt und ich werde zu Asche. Mein letzter Gedanke gilt meinem goldenen Löwen, wer wird nun seinen Garten hüten?
Als ich erwache, ist es dunkel, so dunkel, und die Luft riecht nach Schwefel und Tod.
Die Kälte kriecht in meine Knochen, ich habe kein Federkleid mehr, das mich wärmt. Ein kränklich grünes Licht fängt meinen Blick, und ich gehe darauf zu. Es wirkt vertraut, die kahlen Bäume erinnern mich an seinen Garten. Hoffnung keimt auf, vielleicht ist es nur ein Traum?
Als ich näher komme, erfasst mich eisige Furcht- ich kenne diesen Tempel, ich selbst habe ihn Stein für Stein erbaut und jeden Tag den Schrein mit Blumen geschmückt.
Ich trete ein, und auf dem Altar liegt, neben verwelkten Blumen, mein goldener Löwe. Sein herrliches Fell ist stumpf und hängt lose an dem verwitterten Fleisch. Ich gehe noch näher heran, und die einst golden glühenden Augen sind nur noch schwarze, leere Höhlen. Seine einst mächtigen Kiefer umschließen etwas, das schwach schimmert.
Es sind meine Flügel, zerrissen und zerbrochen.
Und da wird mir klar, dass ich tausend Tage und Nächte um das Raubtier geweint habe, das mich zuerst hier einsperrte. Sein blühender Garten war nichts als eine Illusion; er war nie mein goldener König gewesen, nur ein weiteres Raubtier, das ich nährte- und ich selbst hatte mich nach seinem Tod in seinen goldenen Käfig eingeschlossen.
Ich verlasse den Tempel, und er stürzt in sich zusammen, es bleibt nichts als Staub und Asche zurück.
Auch das Licht verschwindet, doch zum ersten Mal erblicke ich Sterne am Himmel. Ich fühle mich verloren so ohne zu Hause, ohne wärmendes Federkleid, und während ich blind meinen Weg ertaste, spüre ich auf meinem Rücken, wie sich etwas regt- meine Flügel. Noch klein und nackt, aber sie werden im Licht der Sonne schnell wachsen, und auch mein Federkleid wird zurückkehren. Ich weiß, dass ein neuer Morgen anbricht nach dieser dunkelsten Stunde.
Leb wohl, mein Löwe, ich bin endlich frei, und bald werde ich wieder fliegen.
ENDE
Meine Therapie läuft gut, nach anfänglichen Schwierigkeiten habe ich tatsächlich jemanden gefunden, mit dem ich dieses Projekt angehen kann. Ich werde auch bald was zum vergangenen Imbolc schreiben, aber noch ein wenig Geduld, im Moment bin ich sehr langsam.
Cerri
Der König ist tot
Ich diene seinem Schrein seit tausend Tagen und Nächten. Als er noch lebte, errichtete er diesen wunderbaren Garten voller Ruhe und Duft, ich dem ich zu Hause bin, und nach seinem Tod wollte ich ihn nicht verlassen – etwas so Großes und Reines wie meinen goldenen Löwen darf ich nicht verlassen, sein Vermächtnis soll ewig leben.
So weine ich seit tausend Tagen und Nächten an seinem Grabmal, seinem Tempel, und schmücke ihn mit Blumen aus seinem Garten.
Nach und nach verliere ich mein Federkleid und mit ihm die Fähigkeit zu träumen und zu fliegen. Hier ist es warm, und keine Sonne verbrennt meine Haut, ich brauche es nicht. Wozu sollte ich träumen? Alles, was ich mir je erträumt hatte, liegt hier begraben. Warum sollte ich fliegen? Ich habe kein anderes zu Hause als seinen Garten. Mein Leben ist klein und sicher, es hat einen Sinn, denn ich bewahre sein Paradies.
Es kommen auch hin und wieder Besucher in seinen Garten, um die Schönheit zu bewundern, aber niemand will bleiben, er macht ihnen Angst. Ich lassen sie ziehen, manchmal schweren, oft leichten Herzens, denn hier ist mein zu Hause.
Eines Tages kommt eine Besucherin, die anders ist als die Anderen, denn sie ist eine Schlange. Ihr grelles Schuppenkleid beleidigt das sanfte Zwielicht seines Gartens, und sie beunruhigt mich.
„Es ist Zeit.“ Sagt sie zu mir, und ihre Augen funkeln hell.
„Was willst Du hier?“ frage ich.
„Du musst gehen, darum bin ich hier.“ summt sie.
„Nein, das kann ich nicht, ich habe hier mein zu Hause, und ich habe zu tun!“ rufe ich.
„Du wirst sterben, es ist an der Zeit.“
Sie schnellt nach vorne und ihre Zähne versenken sich in meinem Fleisch. Feuer verbrennt mich, das Zwielicht erlischt und ich werde zu Asche. Mein letzter Gedanke gilt meinem goldenen Löwen, wer wird nun seinen Garten hüten?
Als ich erwache, ist es dunkel, so dunkel, und die Luft riecht nach Schwefel und Tod.
Die Kälte kriecht in meine Knochen, ich habe kein Federkleid mehr, das mich wärmt. Ein kränklich grünes Licht fängt meinen Blick, und ich gehe darauf zu. Es wirkt vertraut, die kahlen Bäume erinnern mich an seinen Garten. Hoffnung keimt auf, vielleicht ist es nur ein Traum?
Als ich näher komme, erfasst mich eisige Furcht- ich kenne diesen Tempel, ich selbst habe ihn Stein für Stein erbaut und jeden Tag den Schrein mit Blumen geschmückt.
Ich trete ein, und auf dem Altar liegt, neben verwelkten Blumen, mein goldener Löwe. Sein herrliches Fell ist stumpf und hängt lose an dem verwitterten Fleisch. Ich gehe noch näher heran, und die einst golden glühenden Augen sind nur noch schwarze, leere Höhlen. Seine einst mächtigen Kiefer umschließen etwas, das schwach schimmert.
Es sind meine Flügel, zerrissen und zerbrochen.
Und da wird mir klar, dass ich tausend Tage und Nächte um das Raubtier geweint habe, das mich zuerst hier einsperrte. Sein blühender Garten war nichts als eine Illusion; er war nie mein goldener König gewesen, nur ein weiteres Raubtier, das ich nährte- und ich selbst hatte mich nach seinem Tod in seinen goldenen Käfig eingeschlossen.
Ich verlasse den Tempel, und er stürzt in sich zusammen, es bleibt nichts als Staub und Asche zurück.
Auch das Licht verschwindet, doch zum ersten Mal erblicke ich Sterne am Himmel. Ich fühle mich verloren so ohne zu Hause, ohne wärmendes Federkleid, und während ich blind meinen Weg ertaste, spüre ich auf meinem Rücken, wie sich etwas regt- meine Flügel. Noch klein und nackt, aber sie werden im Licht der Sonne schnell wachsen, und auch mein Federkleid wird zurückkehren. Ich weiß, dass ein neuer Morgen anbricht nach dieser dunkelsten Stunde.
Leb wohl, mein Löwe, ich bin endlich frei, und bald werde ich wieder fliegen.
ENDE
Meine Therapie läuft gut, nach anfänglichen Schwierigkeiten habe ich tatsächlich jemanden gefunden, mit dem ich dieses Projekt angehen kann. Ich werde auch bald was zum vergangenen Imbolc schreiben, aber noch ein wenig Geduld, im Moment bin ich sehr langsam.
Cerri
Ceridwens_Cauldron - 26. Feb, 12:38